1,3 Millionen Menschen leben in der Schweiz in einem Einpersonenhaushalt. Was natürlich nicht automatisch heisst, dass sie Singles sind. Sicher ist jedoch: Über eine Million Fahrgäste reisen täglich mit der SBB. Und so ein Zug ist ja ein perfekter Flirtort für Singles! Man steigt ein und hat dann bis zum nächsten Halt Zeit, mit dem sympathischen Gegenüber anzubandeln. Und wie macht man das am besten? Ich habe den Flirtcoach Thomas Peter gefragt.
Herr Peter, können Sie als Flirtcoach das Zugfahren empfehlen?
Erstmal muss man sich klar darüber werden, was Flirten eigentlich bedeutet. Sich angeregt zu unterhalten, auf sein Gegenüber einzugehen, sich im Spass zu necken oder vielleicht sogar mal Komplimente (bitte nur echte und nicht übertreiben!) zu machen – das ist eine Form des Flirts. Weiter kann es gehen mit gegenseitigem Interesse und mit dem Wunsch, sich wieder zu sehen, es muss aber nicht auf das herauslaufen. Auch nur der Moment zählt. Hauptsache, alle am Gespräch beteiligten fühlen sich wohl. Vielleicht wünscht man sich nach einer guten Unterhaltung ein schönes Leben, sieht sich nie mehr und das war’s. Warum nicht? Im besten Fall sieht man sich wieder.
Und um jetzt endlich auf die Frage zu antworten: Ja, der Zug ist ein guter Ort, um Kontakte zu knüpfen und zu flirten, sofern man seinen gesunden Menschenverstand walten lässt und darauf achtet, ob das Gegenüber auch mit einem kommunizieren möchte. Wenn das nicht so ist, gilt es das zu akzeptieren. Wenn man in Kontakt bleiben möchte, warum nicht einfach fragen: «Ich nehme an, Sie werden oft nach der Telefonnummer gefragt oder Ihnen wird eine angeboten…, die wievielte Person wäre ich?» Sie zeigen somit Humor und nehmen sich selber aufs Korn. Eine gute Eigenschaft!
Angenommen ich nehme in Zürich den Zug nach Bern. Im Abteil nebenan sitzt ein attraktiver Mann, allein, und starrt auf sein Smartphone. Ich habe nun eine Stunde Zeit, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Wie tue ich das am besten?
In meinem Flirtkurs lernt man, dass es keine spezifischen Anleitungen gibt, man stattdessen die Situation für sich nützen soll. Anleitungen können funktionieren oder auch nicht, je nachdem, wie das Gegenüber und man selbst drauf ist. Auf keinen Fall Flirtsprüche auswendig lernen!
Nun also konkret: Sie könnten ihn nach etwas fragen, was Sie beide verbindet. Schliesslich sitzen Sie gerade jetzt im gleichen Zug auf der gleichen Strecke. Alles rund um Anschlüsse, die gerade gefahrene Richtung usw. dient als möglicher Gesprächseinstieg. Denken Sie daran, dass es erwiesenermassen nicht darauf ankommt, was man sagt, sondern wie man es tut. Hauptsache, man macht überhaupt den Mund auf. Auch wenn man abgewiesen wird, hat man gewonnen – an Erfahrung! Verloren hat, wer nichts versucht.
Wie wäre es denn mal mit einem kleinen Trick, den Sie natürlich beliebig umformulieren dürfen: «Entschuldigen Sie, ich bin jetzt so frech und frage Sie einfach… Ich habe mich gerade gefragt, wenn es keine Handys geben würde, würden die Leute sich dann in den Zügen mehr unterhalten?» … Und schon sind Sie vermutlich mitten drin in einer Diskussion. Mit dem Zusatz «Ich bin jetzt so frech» oder zum Beispiel «Frech wie ich bin» nehmen Sie dem Herrn den Wind aus den Segeln. Er kann nicht mehr denken «Die ist aber frech, mich einfach anzusprechen», weil Sie es gerade selbst gesagt haben. Im Gegenteil: Dieser Zusatz weckt sogar ein gewisses Interesse. Dieses Beispiel gilt natürlich auch in der umgekehrten Variante, wenn ein Mann eine Frau anspricht.
Oder eine andere Situation. Ich nehme jeden Morgen dieselbe S-Bahn. Seit einigen Wochen fällt mir ein sympathischer Mann auf, der denselben Zug nimmt wie ich. Zusammen mit sehr vielen anderen Leuten. Wie kann ich zu Stosszeiten diskret mit ihm flirten oder Kontakt aufnehmen?
Eventuell mit solch einer einfachen Aussage: «So, auch wieder hier? Ich glaube, ich habe Sie schon öfter um diese Zeit gesehen!». Oder so: «Guten Morgen!». Es ist einfacher, als man denkt! «Nur noch ein Tag, dann ist Weekend!», wäre auch eine Variante. Mal sehen, was bei solchen Signalen zurückkommt. Sie werden staunen!
Soll ich als Frau anders flirten als ein Mann? Anders gefragt: Geben Sie Männern andere Flirttipps als Frauen?
Grundsätzlich darf man alles. Es gibt kein Gesetz, das einem verbietet, Kontakte zu knüpfen. Den Männern muss man sagen, sie sollen anständig sein, «am Ball bleiben», jedoch nicht aufdringlich werden. Viele Frauen sagen, man müsse beim Mann spüren, dass er weiss, was er will. Allerdings kommt es lustigerweise auch recht gut an, wenn einer etwas verlegen einen Ansprechversuch unternimmt und es nicht so recht klappen will. Viele Frauen werten das – sofern er charmant ist – als positiv. Hauptsache, er hat es versucht. Frau will halt nach wie vor gerne angesprochen werden. Und zum Glück dürfen heute auch Frauen den ersten Schritt machen. Die klassische Rollenverteilung greift allerdings nach wie vor.
Wenn eine Frau aktiver im Kontaktaufnehmen werden will, ja gerne! Allerdings dürfen sie meines Erachtens auch zukünftig die passive Rolle spielen, wenn sie dafür umso deutlichere Signale aussenden, damit der (evtl. schüchterne) Mann auch sicher sein kann, dass er sie ansprechen darf, ohne dass sie ihm gleich die Augen auskratzen… Ein nettes Lächeln kann Wunder wirken.
Nehmen wir an ich getraue mich, im Zug einen Mann anzusprechen. Ich frage ihn: «Entschuldigung, hält dieser Zug in Olten?» Wie merke ich nun, ob er nur am Fahrplan interessiert ist oder auch an mir?
Im Minimum wird die kurze Antwort «Ja» kommen. Das war’s dann schon, tja. Formulieren Sie die Frage doch mal etwas anders: «Sie können mir sicher sagen, an welchen Stationen dieser Zug hält?» Dann muss Ihr Gegenüber etwas mehr reden. Nachdem Sie dann erzählt haben, wo Sie aussteigen möchten, können Sie auch noch fragen, ob er auf dem Weg zur Arbeit oder wie auch immer sei. Achten Sie auf das Gleichgewicht zwischen Fragen, die Sie ihm stellen und dem, was Sie von sich erzählen. Es sollte ausgewogen sein.
Oder nehmen wir an ich bin im Zug unterwegs und bemerke einen Mann, der mich unentwegt anstarrt. Wie zeige ich, dass ich kein Interesse habe?
Einfach nicht hinsehen. Leider sterben die Gaffer wohl nie aus. Nicht jeder Mann merkt es, wenn die Frau keine Lust auf Blickkontakt hat.
Thomas Peter ist Flirtcoach und bietet Kurse für Einzelpersonen und Gruppen.
Dieser Beitrag wurde erstmalig auf dem Corporate Blog SBB Stories veröffentlicht. Autorin: Nadia Meier
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