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Hallo und willkommen in der SBB Community. Was möchtest du tun?
«Bin ich rechtzeitig am Perron? Wie löse ich schon wieder ein City-Ticket und wo fährt eigentlich mein Zug? Schnell, einsteigen! Hoffentlich gibt es noch einen freien Sitzplatz…»
Reisen ist oft mit Stress verbunden. Doch egal ob geübte Pendlerin oder Gelegenheitsreisender: Beide kommen auf ihrer Reise mit unterschiedlichen Angeboten und Dienstleistungen der SBB in Berührung, sogenannten Kundenkontaktpunkten oder Touchpoints. Dazu zählen zum Beispiel die Online-Fahrplan-Abfrage zuhause, der Billettkauf am Automaten oder die Begegnung mit dem Zugbegleiter im Zug.
Durch Befragungen lässt sich nur schwer bestimmen, ob unsere Fahrgäste den Kontakt mit einem Touchpoint als angenehm oder stressig empfinden. Denn das Erleben läuft unterbewusst. Aufschlussreicher sind da der Herzschlag und die elektrodermale Aktivität, also die minimalen Veränderungen der Haut, die auf psychische Reize reagiert.
Wir nehmen die Stresssituationen unserer Fahrgäste ernst und möchten diese Situationen angenehmer gestalten. Um ein besseres Verständnis des Erlebens einer Reise mit der SBB zu erhalten, haben wir 40 Reisende im Raum Zürich mit einem Emotion-Tracking-Armband ausgestattet, das den Puls und die Aktivität der Haut misst. Darunter 10 Pendler, 10 Geschäftsreisende, 12 Familien mit Kindern und Gepäck ausserhalb Hauptverkehrszeit (HVZ) und 8 Familien mit Kindern und Gepäck in der HVZ. Ergänzt wird die Untersuchung durch eine Befragung der Reisenden sowie durch die Erkenntnisse versteckter Beobachtern.
Zwei Reisen – zwei Erfahrungen.
Schauen wir uns zuerst die Reise eines typischen Pendlers an:
Der routinierte Pendler – männlich, 54 Jahre alt, im Besitz eines Abos – reist von Zürich nach Baden. Die Ankunft am Bahnhof erlebt er als stressig, relativ zügig geht er zu seinem Zug. Nachdem er den Zug betreten und Platz genommen hat, entspannt er sich deutlich.
Dem gegenüber stellen wir die Reise einer Familie mit Kindern zur Hauptverkehrszeit: Die Reisende – 36 Jahre alt, Im Besitz eines ZVV-Billets – ist deutlich gestresster:
Bei der Familie sind Stress und Nervosität am Bahnhof deutlich messbar. Der Einkauf, die Suche nach dem Lift und ein verpasster Zug – die Reisende kommt auch im Zug nicht wirklich zur Ruhe.
Interessant: Die Zugfahrt selbst wird von allen begleiteten Gruppen positiv beurteilt und auch die Emotionsmessung zeigt, dass sie im Vergleich zur Bahnhofssituation tendenziell mit Erleichterung verbunden ist. Allerdings haben Familien während der Fahrt, häufig bedingt durch die Kinder, eine höhere Stressaktivierung als die Einzelreisenden.
Und was schliessen wir daraus?
Natürlich ist die Auswertung der 40 Reisen nicht repräsentativ, trotzdem ergeben sich für uns spannende Erkenntnisse.
Fragt sich nun, was wir mit diesen Ergebnissen machen und was diese für unsere Fahrgäste zukünftig bedeuten. Um das herausfinden, haben wir mit Cristian Kühn, Marktforscher bei der SBB, gesprochen.
Cristian, erzähl uns doch kurz, was wir uns genau unter einer «Neuromessung» vorstellen können.
In Marktforschersprache handelt es sich dabei um ein sogenanntes «apparatives Verfahren», weil für die Erhebung der Daten ein Apparat zum Einsatz kommt. Dieses Verfahren stammt aus der Medizin. Für die Neuromessung wird ein Armband verwendet, das die Befragten während bestimmten Zeiten und Aktivitäten am Arm tragen. Dieses Armband enthält Elektroden, die die Veränderungen in der Hautleitfähigkeit und des Pulses als Indikatoren der unbewussten Aktivierung erfassen.
Im vorliegenden Fall haben die Probanden das Armband während ihres Aufenthalts am Bahnhof und der Bahnfahrt getragen, damit wir ihre emotionale Aktivierung, Stress- und Orientierungsreaktionen am Bahnhof und während der Fahrt ermitteln konnten. Die Ergebniskurven zeigen lediglich eine Aktivierung zu einem bestimmten Zeitpunkt und können nicht einem positiven oder negativen Wert zugeordnet werden. Deshalb ist eine Kombination mit weiteren Marktforschungsmethoden notwendig, um genaue Werte zu erhalten. Deshalb haben wir die Befragten zusätzlich beobachtet und nachbefragt, um den Aktivierungen auch die entsprechenden Situationen und die dabei entstandenen Gefühlszustände zuzuordnen.
Der Einsatz eines solchen Verfahrens ist sehr spannend, da Aussagen von Menschen zum Teil falsch oder verzerrt sind. Je nach Thema sind sie sich ihrer Einstellungen, Affekte und Emotionen nicht bewusst, zum Beispiel bei unterschwelligen Reizen. Oder wollen sie nicht wahrhaben, weil sie ihrem idealen Selbst widersprechen. Manche wollen sich auch einfach nur in einem guten Licht darstellen. Die Messung der Hautleitfähigkeit gehört zurzeit zu den genausten Methoden, um menschliche Reaktionen objektiv zu messen.
Letztendlich bekommen wir damit individuelle Ergebnisse von Reisenden und wissen wo und wann sie unbewusst angespannt sind.
Die Ergebnisse der neuronalen Tests haben also die unterbewussten Stressmomente der Reisenden aufgedeckt. Was passiert nun mit diesen Ergebnissen?
Die Ergebnisse nutzen wir vielfältig. Einerseits werden sie in internen Workshops verwendet, um die Sicht des Kunden einzunehmen. Das erlaubt uns, die einzelne Kundenreise möglichst nahe an der Realität durchzulaufen. Dank der Neuromessung wissen wir nun ja, wie sich die Personen in bestimmten Situationen fühlen. Dank den Ergebnissen können wir uns in die Kunden hineinfühlen, was letztendlich zu einem besseren Verständnis ihrer Situation beiträgt.
Andererseits werden die Ergebnisse mit internen Bereichen diskutiert, um nach Möglichkeit die erkannten Stressmomente für unsere Reisenden zu entschärfen.
Gerade der Aufenthalt im Bahnhof ist für unsere Fahrgäste offenbar stressig. Was können wir nun konkret tun, damit Reisende sich dort besser aufgehoben fühlen? Und wie können wir sie dabei unterstützen, mit der Menge an Informationen besser klarzukommen?
Das ist eine schwierige und vielschichtige Frage. Es gibt eben nicht «den einen Kunden» an dem wir uns ausrichten können, sondern jeder Reisende ist ein Individuum, der eigene Erwartungen und Vorlieben mitbringt. In einem Bahnhof gibt es viele Angebote und dementsprechend viele Informationen. Wir versuchen unser Bestes, in diesem komplexen Umfeld die Kundenerwartungen zu erfüllen. Sicher ist aber, dass die Bahnhöfe auch in Zukunft keine Ruhezonen sein werden.
Mit den neuen elektronischen Kanälen, insbesondere den Applikationen für Smartphones, kann aber viel gemacht werden, damit der Reisende fokussiert und individuell sein Informationsbedürfnis decken kann. In diesem Bereich ist viel in Bewegung. Da gibt es aktuelle Beispiele wie die App «Mein Bahnhof», die eine Navigation im Bahnhof Zürich ermöglicht.
Der Bahnhof selbst, das heisst die Architektur und damit die Platzverhältnisse, sind vor vielen Jahren entstanden und konnten aufgrund der begrenzten Fläche nicht mit der steigenden Anzahl Reisenden mitwachsen. Dies stellt uns heute vor grosse Herausforderungen, da der Anpassung der baulichen Substanz viele Grenzen gesetzt sind. Veränderungen dauern lange, sind kostenintensiv und auf der bestehenden Fläche eingeschränkt.
Wir sind auch laufend dabei, die Personenflüsse zu analysieren und mögliche Verbesserungen zu erarbeiten. So wird gerade aktuell eine Richtungstrennung der Reisenden im Bahnhof Bern getestet. Ziel ist, dass Reisende dank besserer Übersicht und einem Leitsystem schneller vorankommen .
Generell muss aber auch gesagt werden, dass Bahnhöfe nicht nur stressige, menschenüberfüllte Unorte sind, sondern sich die grossen Bahnhöfe zu Reisezentren entwickelt haben, die mit ihrem Angebot vielfältige Bedürfnisse der Reisenden und Shoppern abdecken.
Zur Einstiegssituation: Einen geeigneten Platz im Zug zu finden, scheint bei Pendlern aber auch den übrigen Fahrgästen grossen Stress auszulösen. Gibt es bereits Lösungsideen, wie unsere Kunden in ein besseres Reiseerlebnis starten können?
Ja, auch hierzu unternehmen wir einiges. Die individuelle Information mittels Apps für Smartphones spielt hier eine wichtige Rolle. Es gibt bereits konkrete Projekte, die sich zum Beispiel mit Echtzeitbelegungsprognosen beschäftigen. Damit wollen wir dem Pendler und anderen Reisenden eine möglichst genaue und individuelle Information über die Platzverfügbarkeit zur Verfügung stellen. Darüber hinaus existieren aber auch Massnahmen, die bei den eigenen Mitarbeitenden ansetzen. So wie das Work Smart Konzept , das durch den Einsatz von mobilen Arbeitsmitteln, Datenfernzugriff und flexibilisierten Arbeitszeiten, arbeiten von zuhause und von unterwegs vereinfacht Wir fordern unsere Mitarbeitenden auch auf, nach Möglichkeit den Spitzenzeiten auszuweichen und in den Nebenverkehrszeiten zu reisen. So tragen wir dazu bei, die Hauptverkehrszeit zu entlasten und die Plätze Reisenden zu überlassen, die zeitlich nicht flexibel sind.